Headerbild Toxische Positivität

Toxische Positivität: Warum immer „positiv denken“ nicht die Lösung ist


Sicherlich hast du schon einmal Sätze gehört wie „Denk positiv!“ oder „Es wird alles gut!“. Auf den ersten Blick wirken solche Aussagen unterstützend und gut gemeint. Doch was passiert, wenn dieser positive Fokus uns davon abhält, echte Emotionen zuzulassen und zu verarbeiten? Das ist der Moment, in dem Positivität toxisch werden kann. In diesem Beitrag erfährst du, was toxische Positivität ist, warum sie schädlich sein kann und wie du lernen kannst, sowohl die positiven als auch die negativen Seiten des Lebens gesund zu integrieren.


Was ist toxische Positivität?

Toxische Positivität beschreibt den Zwang oder die Erwartung, immer positiv denken zu müssen – egal, wie die Umstände tatsächlich aussehen. Sie drängt uns dazu, negative Gefühle wie Traurigkeit, Wut oder Angst zu unterdrücken oder herunterzuspielen, weil wir glauben, dass nur positive Gedanken und Emotionen „erlaubt“ sind. Oft tun wir das nicht nur bei uns selbst, sondern auch bei anderen: „Schau mal auf die positiven Seiten!“ oder „Kopf hoch, es könnte schlimmer sein!“ sind typische Sätze, die im Alltag schnell über die Lippen kommen.

Doch das Problem dabei ist, dass toxische Positivität unsere echten Emotionen invalidiert und uns dazu bringt, schwierige Gefühle nicht wirklich zu verarbeiten (Hier mehr dazu, warum jedes Gefühl zählt). Das klingt vielleicht paradox – schließlich ist Positivität etwas Gutes, oder? Aber wenn Positivität zum einzigen erlaubten Fokus wird, kann sie auf lange Sicht schädlich sein.

Warum toxische Positivität schädlich sein kann

Emotionen sind ein wesentlicher Teil unseres Menschseins, und alle Gefühle – sowohl positive als auch negative – haben ihre Berechtigung. Hier sind drei Gründe, warum toxische Positivität auf Dauer schaden kann:

1. Sie verhindert echtes emotionales Wachstum

Wenn wir uns ständig zwingen, nur positiv zu denken, entziehen wir uns der Möglichkeit, durch schwierige Erfahrungen zu wachsen. Emotionen wie Traurigkeit, Angst oder Enttäuschung sind natürliche Reaktionen auf Herausforderungen, und sie geben uns wichtige Hinweise auf unsere Bedürfnisse. Indem wir sie ignorieren, verpassen wir die Chance, uns mit unseren wahren Gefühlen auseinanderzusetzen und uns emotional weiterzuentwickeln.

2. Sie isoliert uns von anderen

Toxische Positivität kann uns davon abhalten, ehrlich mit anderen zu sein, wenn wir durch schwierige Zeiten gehen. Wenn wir glauben, dass wir unsere negativen Emotionen „verbergen“ müssen, um nicht negativ oder undankbar zu wirken, distanzieren wir uns emotional von unseren Mitmenschen. Dadurch verlieren wir die Chance, Trost, Unterstützung und Verständnis zu finden.

3. Sie verstärkt den inneren Druck

Das ständige Streben nach positiver Energie kann enormen Druck erzeugen. Wenn wir das Gefühl haben, dass wir „immer glücklich“ sein müssen, setzen wir uns selbst unter Stress. Dieser Druck kann auf Dauer zu Erschöpfung und innerer Frustration führen, weil wir die unweigerlich auftretenden negativen Emotionen nicht akzeptieren oder verarbeiten.

Wie du toxische Positivität vermeiden kannst

Es ist wichtig, den Unterschied zwischen gesunder Positivität und toxischer Positivität zu erkennen. Gesunde Positivität bedeutet, das Gute im Leben zu sehen, ohne dabei die realen Schwierigkeiten zu verdrängen. Hier sind drei Schritte, die dir helfen, eine Balance zwischen positiver Einstellung und emotionaler Ehrlichkeit zu finden:

1. Erkenne deine Gefühle an – alle von ihnen

Anstatt negative Gefühle sofort beiseite zu schieben, nimm dir einen Moment Zeit, um sie zu erkennen und zu akzeptieren. Es ist völlig normal, sich traurig, ängstlich oder frustriert zu fühlen – das gehört zum Leben dazu. Frage dich: „Wie fühle ich mich wirklich?“ und erlaube dir, ehrlich zu dir selbst zu sein.

Tipp: Ein Tagebuch zu führen, kann dir helfen, deine Emotionen zu sortieren. Schreibe regelmäßig auf, wie du dich fühlst – ohne zu bewerten. Das kann eine wertvolle Übung sein, um deine Gefühle anzunehmen.

2. Finde Mitgefühl statt Zwang zu positiven Gedanken

Wenn jemand durch eine schwierige Zeit geht, ist es wichtig, echtes Mitgefühl zu zeigen, statt sofort zu positiven Ratschlägen zu greifen. Statt „Denk positiv“ zu sagen, könntest du fragen: „Wie fühlst du dich wirklich?“ oder „Möchtest du darüber reden?“ Diese Fragen laden dazu ein, negative Emotionen zuzulassen und darüber zu sprechen – ohne sie abzutun oder zu unterdrücken.

Tipp: Wenn du selbst Unterstützung brauchst, wähle deine Vertrauenspersonen sorgfältig aus. Sprich mit jemandem, der dir zuhört und dir Raum für deine Gefühle gibt, statt dich zu belehren oder deine Gefühle zu relativieren.

3. Übe dich in Akzeptanz

Positivität hat ihren Platz, aber auch Akzeptanz ist wichtig. Akzeptiere, dass das Leben manchmal herausfordernd ist und dass nicht jede Situation sofort verbessert werden muss. Oft geht es darum, schwierige Emotionen zu durchleben, anstatt sie zu umgehen. Akzeptanz bedeutet nicht, sich der Negativität hinzugeben – es bedeutet, sie anzuerkennen, ohne in ihr stecken zu bleiben.

Tipp: Übe dich in Achtsamkeit, um im Moment zu bleiben und deine Gefühle zu spüren, ohne sie zu bewerten. Achtsamkeit hilft dir, den Moment zu akzeptieren, wie er ist – mit all seinen Höhen und Tiefen.

 

Fazit: Positiv, aber ehrlich – finde die Balance

Positiv zu denken, ist eine wunderbare Fähigkeit – doch nicht um jeden Preis. Wenn wir lernen, auch unsere negativen Emotionen zu akzeptieren und ihnen Raum zu geben, finden wir einen gesunden Mittelweg zwischen Positivität und emotionaler Authentizität (und können wachsen, Stichwort Growth Mindset). Das Leben ist nicht immer nur Sonnenschein, und das ist in Ordnung. Denn es sind oft die schwierigen Momente, die uns innerlich wachsen lassen. Anstatt dich selbst oder andere zu zwingen, immer positiv zu sein, erlaube dir, das Leben mit all seinen Facetten zu fühlen – und finde Frieden in der Akzeptanz des Ganzen.

 

 

Bildquelle: Kelly Sikkema auf Unsplash


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert