Me Time: Zeit, die dir niemand nehmen kann – Julia Andorfer im Interview


Ihre Leidenschaft und Lebensfreude sind ziemlich ansteckend. Julia Andorfer ist Psychologin, Unternehmensberaterin und Yogalehrerin in Wien und unterstützt Menschen dabei, das eigene Potential zu entfalten. Wir haben mit ihr über ihren Weg, ihr Bauchgefühl und die Bedeutung von Me Time gesprochen.

„Da hat dann mein Bauchgefühl entschieden“

momentsfor.me: Hello Julia! Toll, dass wir beide eine liebe Freundin haben, die uns miteinander vernetzt hat – dank ihr dürfen wir uns heute austauschen und mit dir über so viele wichtige Themen sprechen, die nicht nur für dich eine große Bedeutung haben, sondern auch für uns und unsere LeserInnen. Wir freuen uns! Und starten direkt mit einer sehr persönlichen Frage an dich: Kopf oder Herz – wie triffst du deine Entscheidungen?

Julia: Entscheidungen zu treffen zählt, ich gebe es zu, nicht zu meinen Stärken. Ich wiege rational alle Für und Wider ab, brauche dafür sehr viel Zeit und vertage die Entscheidung dann ohnedies. Das kostet Zeit und Energie. Und führt nicht einmal zu einem konkreten Ergebnis.
Rückblickend haben sich in meinem Leben viele (wichtige) Entscheidungen einfach „ergeben“. Manchmal hat es etwas länger gedauert, aber meistens war dann irgendwann sonnenklar, was ich machen will. Da hat dann mein Bauchgefühl entschieden und die innere Stimme gesprochen.

 

momentsfor.me: Das heißt, es ist dein Bauch, der entscheidet?

Julia: Ja! Denn sobald ich rational werde, treffe ich erst recht keine Entscheidungen. Selbst bei Business Entscheidungen beziehe ich neben den Pro- und Contra-Listen immer mein Bauchgefühl mit ein. Ich nehme mir vor, Entscheidungen eben nicht mehr zu vertagen. Einfach, um mir die Zeit und die Energie zu sparen. Denn wenn wir ehrlich sind, können die meisten Entscheidungen auch wieder rückgängig gemacht werden. Also treffen wir sie lieber sofort und intuitiv.

 

momentsfor.me: Die Entscheidung, damals deinen festen Job bei einer Unternehmensberatung zu kündigen ohne einen Plan, was danach kommt, war die also auch aus dem Bauch heraus getroffen?

Julia: Kann man so sagen. Das war damals auch eher untypisch für mich. Plötzlich ist eine ganz andere Seite von mir lauter geworden. Es war der Wunsch nach Freiheit und Ausprobieren neuer Dinge. Der einzige Plan, den ich hatte, war: mit meinem Fahrrad von Hamburg nach Wien zu fahren. Das war im Sommer 2016. Und dann bin ich losgefahren in meiner Herzensstadt Hamburg und nach 12 Tagen in Wien angekommen. Viele haben das als mutig empfunden, für mich hat es sich einfach nur natürlich angefühlt.

 

momentsfor.me: Und dann? Standest du in Wien und hattest den Geistesblitz, sodass du direkt wusstest, was du machen willst?

Julia: Diesen Geistesblitz hatte ich mir zwar auf der Fahrt erhofft, aber eingetreten ist er nicht. Natürlich kamen auch Zweifel auf. Aber irgendwann hat sich alles wie von selbst ergeben. Eins meiner Lieblingswörter ist „Serendipity“, die glückliche Fügung. So war es bei mir wirklich: Durch das Netzwerk DNA „Das neue Arbeiten“ habe ich viel Inspiration getankt und neue Kontakte geknüpft. Ich habe einen tollen Coach kennengelernt, die ich begleiten durfte. Dadurch wurden die Gedanken an Selbstständigkeit und auch das Thema Coaching immer weniger fremd und immer interessanter für mich. Parallel machte ich eine Yogalehrerausbildung. Einfach für mich selbst, um mir selbst etwas Gutes zu tun. Ja, und dann gab es irgendwann den Moment, in dem sich die für mich richtigen Puzzleteile zusammengesetzt haben: Psychologie-Studium, Erfahrungen aus der Wirtschaftswelt, Coaching- sowie Yogaausbildung.
Seit Anfang 2018 bin ich offiziell selbständig als Psychologin, Unternehmensberaterin und Yogalehrerin. Was ich natürlich schon immer wusste: dass der Mensch im Mittelpunkt meines Handelns stehen soll! Menschen zusammenführen und zu unterstützen motiviert mich extrem. Was mir nach und nach auch klar wurde: Ich bin so viel mehr als nur eine Stelle oder ein Job!

 

mehr ME Time? Ja!

momentsfor.me: Super inspirierend! Kommen wir zu einem Thema, das uns verbindet und einer unserer zentralen Pfeiler von momentsfor.me ist: Me-Time, Zeit für sich selbst. Worin zeigt sich aus deiner Sicht das Bedürfnis nach mehr „Zeit für mich“?

Julia: Immer größer, immer schneller, immer weiter – in diesem schnellen Tempo der Gesellschaft ist es eine eigentlich sogar natürliche Gegenbewegung, dass immer deutlicher ein Wunsch nach Rückzug, Zeit für sich und Wohlfühlen spürbar wird. Körper oder Psyche können einem da deutliche Signale senden. Außerdem gibt es ein steigendes Angebot an Formaten – ob Yoga-Retreats, Kreativ-Workshops, Persönlichkeitsbildung etc. Steigende Nachfrage geht mit steigendem Angebot einher. Und das inspiriert!
Einmal die Erfahrung gemacht, WIE gut es tut und welchen Unterschied es macht, auf sich und seine innere Stimme zu achten, wollen die meisten diese Zeit nicht mehr missen. Was auch bis zum Umkrempeln des bisherigen Lebensstils und Berufskonzepts gehen kann…

 

momentsfor.me: In welchem Moment hast du das Bedürfnis nach Zeit für dich wahrgenommen, die du dir ja in Form einer 8-monatigen Weltreise dann auch genommen hast?

Julia: Der Wunsch, selbst auf eine Weltreise zu gehen, schlummerte schon lange in mir. Ich merkte das an meinen Reaktionen, wenn ich von anderen ähnliche Geschichten hörte. Und dann realisierte ich, ich muss es auch tun! Es passend machen – und hatte Glück, dass es in meiner Selbstständigkeit als berufliches Arbeitsmodell relativ leicht einzubauen war. Aber sicher… den Mut für den ersten Schritt braucht es!
Während der Reise bestätigte sich für mich: meine eigene Personal Development Journey, wie ich sie gerne nenne, ist Basis und Motor für mein Tun, bringt mir Inspirationen und Erkenntnisse.

Mein rat an andere: ausprobieren

momentsfor.me: Stichwort „Wissen, was einem selbst gut tut“: WIE und WOHER weiß ich denn, WAS mir gut tut? Was empfiehlst du anderen?

Julia: Das ist eine gute Frage. Und kann auch Stress erzeugen und Druck machen. Denn manchmal weiß man wirklich nicht, was einem gut tut. Im Moment. Auch ich für mich weiß das manchmal nicht. Denn hier gibt es auch kein Universalrezept.
Daher ist mein Rat an Andere: auszuprobieren! Das Bedürfnis nach Entspannung kann z.B. mit Yoga befriedigt werden, vielleicht ist aber auch ein Spaziergang im Wald das, was die Energiereserven wieder auffüllt und die gewünschte Wirkung hat.
Hilfreich ist, ein Potpourri an Dingen, die mir gut tun, zu sammeln. Um dann im jeweiligen Moment zu schauen, was ich davon gern machen möchte, wonach mir ist. Und nicht nur Fragezeichen im Kopf zu haben. Das gibt eine Entscheidungshilfe und die Intuition spricht dann meistens unbewusst eh deutlich auf ein bestimmtes „Ding“ an.

 

momentsfor.me: Auch bewusste (Selbst)Reflexion hilft ja, zu verstehen, was einem schon mal gut getan hat in der Vergangenheit. Hast du ein Ritual, wie du dich selbst reflektierst?

Julia: Ich reflektiere viel, vielleicht sogar manchmal zu viel 😉 Journaling ist ein ganz essentielles Ritual für mich – ich schreibe jeden Tag. Und abends halte ich 3-5 Punkte fest, für die ich am jeweiligen Tag dankbar bin. Und merke immer wieder erstaunt und begeistert: jeder noch so durchschnittliche, unspektakuläre oder „schlechte“ Tag hält ganz kleine kostbare Momente bereit. Die geben mir dann wieder Kraft!
Außerdem mache ich am Ende des Monats eine Monatsreflexion – blicke zurück, blättere in meinem Tagebuch und überfliege meine Aufzeichnungen noch einmal. Beim bewussten Nachdenken über die vergangenen Wochen merke ich meist, wie ge- und erfüllt ein Monat doch eigentlich war und blicke zufrieden(er) zurück.

 

„Wenn ich es schaffe, mir Zeit zu nehmen, bin ich ausgeglichener.“

momentsfor.me: Kommen wir nochmal zur Me-Time – sie ist wichtig für unsere Balance, dafür dass wir uns wohlfühlen und auch für unsere persönliche Weiterentwicklung. Jetzt ist ja oft die größte Challenge, die Erkenntnis auch im Alltagstrott umzusetzen: Wie befriedigst du selbst das Bedürfnis nach Me-Time im Alltag?

Julia: Als Early Bird ist ein bewusster Start in den Tag für mich ganz wertvoll. Am liebsten stehe ich auf, wenn es noch dunkel ist und die Stadt um mich herum schläft. Dann mache ich Yoga, schreibe Tagebuch. Wenn ich es schaffe, mir diese Zeit zu nehmen, bin ich ausgeglichener. Und diese Zeit kann mir niemand mehr nehmen.
Aber auch dem Bedürfnis nach Rückzug gebe ich aktuell mehr Raum. Und frage mich manchmal selbst, wie ich es früher (vor der Reise) geschafft habe, jeden Tag gefühlt von früh bis spät zu rennen und auf zig Hochzeiten zu tanzen. Ohne Pause. Das kann und will ich heute nicht mehr.

„Diese „Zeit für mich“ ist Selbstzweck genug.“

momentsfor.me: Es ist also das Bedürfnis nach Rückzug, dem du gefolgt bist – sowohl körperlich als auch mental und seelisch: indem du Pause machst! Auch wenn es noch 100 Fragen gibt, die uns auf der Zunge brennen, kommt hier eine letzte Frage für heute: Was war der größte Game Changer für dich 1.) in Sachen Bedürfnisse erkennen und 2.) in Sachen gesundes Leben und Wohlfühlen?

Julia: Zum Thema „Bedürfnisse erkennen“: Ich muss machen, was MIR gut tut. Egal, was in der Gesellschaft anerkannt ist, was „sinnvoll“ ist oder auch ein Outcome hat. Diese „Zeit für mich“ ist Selbstzweck genug.
Und was das Thema „gesundes Leben“ angeht: Ich muss etwas TUN, damit es mir gut geht! Vom Jammern oder Wünschen alleine verändert sich nichts. Und ich darf mir dafür Unterstützung, Inspiration, Hilfe holen und mir eingestehen, dass es nicht sofort mit der Umsetzung klappen muss. Wir alle haben Phasen, wo es besser und leichter geht, und Phasen, in denen es mehr Anstrengung, aber auch Wohlwollen und Geduld im Umgang mit sich selbst braucht.

 

sag du auch ja zu mehr Me-Time

Wir merken: Energie und Lebensfreude kommen von ihrer Erfüllung und Leidenschaft. Ihre Geschichte zeigt, dass es sich lohnt, auf die eigenen Bedürfnisse und das Bauchgefühl zu hören und sich Zeit zu nehmen. Zeit für sich selbst. Das macht uns Mut, inspiriert und macht Lust auf Mehr! Wir möchten dich dazu ermutigen, das auch zu tun: Me-Time ist die Basis, deinen Bedürfnissen Gehör zu schenken, sie wirklich zu erkennen und deinen eigenen Weg zu finden. Es ist auch hier eine Entscheidung. Deine Entscheidung!

Danke, liebe Julia, für deine ehrlichen Worte und die Begeisterung und Lebensfreude, die du ausstrahlst. Wir wünschen uns, dass du so bleibst und noch viele Menschen damit anstecken kannst.

 


Über Julia Andorfer

Julia Andorfer ist Psychologin, Unternehmensberaterin und Yogalehrerin. Dabei gelingt ihr der Spagat, persönliche Weiterentwicklung und Wirtschaftswelt zusammenzubringen. Julia unterstützt leidenschaftlich Einzelpersonen und Gruppen dabei, das eigene Potential vollständig zu entfalten, auf die innere Stimme zu hören und die persönliche Einzigartigkeit zu leben. Dafür ist sie selbst bestes Beispiel: für ihre eigene „Personal Development Journey“ folgte sie mit Mut ihrer Intuition und verbrachte 8 Monate auf Weltreise. Ihre Kompetenz, ihr Wissen, Input und Inspirationen gibt sie anderen in Workshops, Yoga-Retreats oder Coachings weiter.


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